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Totentanz

Der Gedanke an die Vergänglichkeit des Erdendaseins war dem mittelalterlichen Menschen viel näher als uns heute.

In Bildern, Liedern und in Mysterienspielen wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass der Tod letztendlich jeden von uns holen wird, hoch oder niedrig von Stand, arm oder reich, alt oder jung.

Ein beliebtes Motiv war der Totentanz: Der Tod, dargestellt als modernder Leichnam, zieht die Menschen unausweichlich in seinen makabren Reigen.

Der Maler Bernt Notke hat 1463 die Lübecker Marienkirche mit einem Totentanz ausgemalt. Die Texte der einzelnen Figuren, damals in mittelniederdeutscher Sprache, sind nur noch als Fragment erhalten. 1701 wurden die Bilder von Anton Wortmann restauriert, und auch die Texte wurden nachgedichtet (Nathanael Schlott).

Die gezeigten Figuren sind der Tod, der Kardinal und, die Bäuerin (im Original: der Bauer).

Das Hansevolk hat Bild und Text des Lübecker Totentanzes in lebendige Szenen umgesetzt. Das Stück wurde 2008 in Lübeck und 2009 in Wismar aufgeführt.

Text nach Nathanael Schlott, 1701

Der Tod an den Kardinal:

Gib gute Nacht der Welt, bestürzter Kardinal;
Dein Ende rufet dich zur ungezählten Zahl.
Ich weiß nicht, was du dort wirst für ein Teil erlangen,
Das weiß ich, Sohn, du hast viel Gutes hier empfangen.

Der Cardinal:

Rom schenkte mir den Hut, der Hut trug Ehr und Geld.
So baut’ ich sorgenfrei das Paradies der Welt.
Mein Wunsch war, mit der Zeit auf Petri Stuhl zu rücken.
Und muss davor erblasst das Haupt zur Erde bücken.

Der Tod an die Bäuerin:

Komm, Landfrau, an den Tanz, von Müh und Arbeit heiß,
so schwitztest du zuletzt den kalten Todesschweiß.
Lass andre sein bemüht mit pflügen, dreschen, graben:
Dein saurer Lebenstag soll Feierabend haben.

Die Bäuerin:

Ich trug mit Ungemach des Tages Last und Not,
und aß, von Schweiß bedeckt, mein schwer verdientes Brot;
doch da mein Führer mich zur Ruhe denkt zu bringen,
so kann ich wohlvergnügt das Consummatum singen.